Bei der Strahlentherapie handelt es sich um eine örtlich begrenzte Krebsbehandlung. Die Strahlung dient dazu, Vermehrung und Wachstum von Krebszellen zu hemmen. Die notwendige Strahlendosis wird heutzutage zielgenau und individuell berechnet. Diesen Vorgang nennt man Bestrahlungsplanung.
Bis zur Einführung der Planung mittels Computertomographie in den 1990-er Jahren war das Ziel der Bestrahlungsplanung eine möglichst gleichmäßige Dosisverteilung im Bestrahlungsgebiet. Dabei wurde die gewünschte Dosis mittels einfacher Techniken im betroffenen Körperabschnitt verabreicht. Aufgrund der Schwierigkeit, die Tumorgröße während der Bestrahlungsplanung exakt abzuschätzen, waren große Sicherheitssäume notwendig. Das heißt, der Tumor und das potentiell mitbetroffene Gewebe um den Tumor herum mussten behandelt werden. Die Mitbestrahlung gesunder Nachbarorgane war unvermeidlich, weswegen häufig auch stärkere Nebenwirkungen beobachtet wurden.
Die vergangenen Jahrzehnte haben die Radiotherapie revolutioniert:
CT‑ und MRT (Magnetresonanztomographie)-gestützte Planungen erlauben eine exakte Festlegung des Bestrahlungsgebiets mit minimalen Sicherheitssäumen.
Diese Bestrahlungstechniken erlauben eine größtmögliche Schonung der Nachbarorgane. Die technische Ausstattung der Geräte erlaubt heutzutage, vor jeder Bestrahlungssitzung die Lagerung des Patienten auf dem Behandlungstisch mittels CT zu kontrollieren.
Die Bestrahlung erfolgt in der Regel über mehrere Sitzungen verteilt. Dies hat den Zweck, gesunden Zellen Zeit zur Erholung zu verschaffen. Während Krebszellen durch die Bestrahlung meist effektiv geschädigt werden können und sich schlechter erholen, hat gesundes Gewebe trotz Strahlenschäden das größere Potenzial zur Regeneration.
Die Strahlentherapie kann als alleinige Behandlungsmethode, in Kombination mit Chemotherapie (Radiochemotherapie) und nach (adjuvant) oder vor (neoadjuvant) einer Operation eingesetzt werden.
Manche Krebsarten, z. B. lokal begrenzter Kehlkopfkrebs oder Prostatakrebs, können durch eine alleinige Strahlentherapie geheilt werden.
Wenn die Strahlenbehandlung eine medikamentöse Tumortherapie oder Operation begleitet, bezeichnet man sie als additive Strahlentherapie. Nach einer Operation kann es sinnvoll sein, eine Strahlentherapie einzusetzen, um einen Rückfall zu verhindern (adjuvante Therapie). Vor einer geplanten Operation kann eine Strahlentherapie, auch in Verbindung mit gleichzeitiger Chemotherapie dazu dienen, den Tumor soweit zu verkleinern, dass eine Erhaltung des Organs möglich ist. Beispielsweise kann so beim Enddarmkrebs manchmal ein künstlicher Darmausgang dauerhaft vermieden werden (neoadjuvante Therapie).
In der Regel kann die Strahlentherapie als ambulante Therapie durchgeführt werden. Allerdings lassen es einige Umstände ratsam erscheinen, die Therapie stationär durchzuführen:
Kombinationsbehandlungen von Chemo- und Strahlentherapie
Zuvor bestehende, schwerere Begleiterkrankungen
Oder auch Probleme, die mit einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung auftreten können, wie Schmerzen oder Luftnot
Behandlungen von Nebenwirkungen der Strahlenbehandlung im Therapieverlauf
Arten der Bestrahlung
Strahlentherapie von außen (Externe Bestrahlung)
Meistens wird die externe Strahlentherapie bei der Behandlung eingesetzt. Bei diesem Verfahren durchdringen die hochenergetischen Röntgenstrahlen den Körper und können ihre Wirkung im bestrahlten Gewebe entfalten.
Bei einer externen Strahlentherapie werden energiereiche (ionisierende) Strahlen eingesetzt, die die Fähigkeit haben, Zellstrukturen zu verändern. Sie sollen die Zellen so schädigen, dass sie die Fähigkeit verlieren sich zu teilen; im weiteren Verlauf sterben sie irgendwann ab. Nicht ionisierende Strahlen wie zum Beispiel Lichtstrahlen oder Mikrowellen haben diese Fähigkeit nicht. Generell kann eine externe Strahlentherapie bei bösartigen Tumoren allein oder in Kombination mit einer Operation und/oder einer medikamentösen Tumortherapie eingesetzt werden.
Nebenbei bemerkt: auch bei Gelenkentzündungen oder gutartigen Tumoren kann eine externe Strahlentherapie in sehr geringen Dosen hilfreich sein.
Partikelbestrahlung
Die häufigsten Bestrahlungen werden mit winzig kleinen Lichtpartikeln (zumeist Röntgenstrahlen), sogenannten Photonen, durchgeführt. Im Unterschied dazu bestehen bei einer Partikelbehandlung die Strahlen aus beschleunigten Teilchen, meistens Ionen. Diese Teilchen werden in einem Beschleuniger mit Hilfe elektromagnetischer Felder auf ungefähr zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Durch eine hochkomplexe technische Ausstattung werden die Strahlen mit höchster Präzision in den Tumor gelenkt und können dort die Tumorzellen vernichten.
Strahlentherapie von innen
Brachytherapie (interventionelle Strahlentherapie)
Der Einsatz der Brachytherapie erfolgt bei einer ganzen Reihe bösartiger Tumoren, insbesondere bei gynäkologischen Tumoren, Prostatakrebs, Kopf-Hals-Tumoren, Brustkrebs (Teilbrustbestrahlung) und Speiseröhrenkrebs. Die dabei abgegebene Strahlung zeichnet sich durch einen steilen Dosisabfall zur Umgebung aus. Dadurch erreicht man auf einer Distanz von 1,5 - 2 cm von der Strahlenquelle hohe - sicher tumorvernichtende - Dosen bei gleichzeitiger guter Schonung des umgebenden gesunden Gewebes bzw. der Organe.
Die brachytherapeutischen Behandlungen bedienen sich der sogenannten Afterloading-("Nachlade"-) Technik. Hier werden in die zu behandelnden Organe Applikatoren eingeführt, dazu kann eine örtliche Betäubung notwendig sein. Weltweite Anerkennung besitzt das in Kiel entwickelte Verfahren zur Behandlung von Prostatakrebs mittels Brachytherapie. Hierbei werden unter Ultraschallkontrolle Hohlnadeln über die Haut des Dammes in die Prostata eingebracht. Durch diese Hohlnadeln kann eine kleine radioaktive Nadel bewegt werden, die dann das Tumorgewebe gezielt behandeln kann. Anschließend werden die Hohlnadeln wieder entfernt. Komplikationen bei dieser Therapie sind selten. Eine andere Methode bedient sich sogenannter „plastic tubes“. Diese werden bei Operationen direkt in das erkrankte Gewebe eingelegt und von außen sicher fixiert. Manchmal werden auf die Haut- oder Schleimhautoberfläche individuelle Applikatoren (Moulagen) angefertigt. Häufig wird die Einlage der Applikatoren in Kombination mit einer operativen Entfernung des Tumors durch die entsprechenden Fachdisziplinen (allg. Chirurgie, Thorax-, Plastische, HNO-, MKG-Chirurgie, Gynäkologie, Neurochirurgie, Ophthalmologie) interdisziplinär durchgeführt. Das Afterloading wird häufig in Kombination mit der externen Bestrahlung durchgeführt.
Welche Behandlungen bei welcher Tumorerkrankung möglich und sinnvoll sind, erläutern die Texte des Krebsinformationsdienstes unter Krebsarten.
Heutige Methoden der Strahlentherapie sind im Vergleich zu früheren wirksamer, haben ein niedrigeres Komplikationsrisiko und ein größeres Anwendungsspektrum. Die für die Strahlentherapie zuständigen Ärztinnen und Ärzte informieren Sie genauer über die Therapieform sowie über die Auswirkungen und Nebenwirkungen.
Weiterführende Informationen zur Strahlentherapie finden Sie hier.